Ein Junge, eine Dose - und ein Moment, der bleibt
Reisebericht aus Sliven, Bulgarien von Claudia Black
Samstag, 26. April 2025. Ein staubiger Parkplatz in Sliven. Vier intensive Tage liegen hinter mir – Sitzungen, Projektbesuche, eine Predigt vor 400 Menschen, Gespräche bis spät in die Nacht.
Mein Herz ist voll. Mein Kopf auch. Ich will gerade ins Auto steigen, da sehe ich ihn.
Ein Junge. Vielleicht acht Jahre alt. Zu dünn. In Jogginghosen, die eher einem Fetzen gleichen. Ein zerrissenes Shirt mit einem kaum noch erkennbaren Comic-Aufdruck. Sandalen, viel zu groß.
Sein Gesicht ist dreckverschmiert, aber sein Blick trifft mich direkt. Wach und leer zugleich. In der Hand: eine alte Cola-Dose. Er sagt etwas auf Bulgarisch. Ich verstehe es nicht – und weiß
doch, was er meint. Er bittet um Geld. Er stellt sich in die Autotür. Weicht nicht zurück. Unsere Begleitung spricht mit ihm. Kurz darauf tritt er einen Schritt zurück. Aber nur kurz. Dann
passiert es: Der Junge knickt die Dose mit beiden Händen, drückt sie scharf zusammen – und wirft sie gezielt unter unser Vorderrad. Kein Spiel. Keine Trotzreaktion. Eine Strategie. Ein Stich
durchzieht mich. Was will er damit erreichen? „Der Reifen hält das aus“, sagen die anderen. Und tatsächlich – wir fahren los. Aber in mir bleibt etwas stehen.
Später frage ich mich: Wie kann ein Kind so handeln? Unsere Projektleiterin erklärt es mir: „Diese Kinder wachsen auf der Straße auf. Sie kennen keine Grenzen. Keine Geborgenheit. Keine
Schuldgefühle. Was du gesehen hast, ist ihre Überlebensstrategie.“ Da begreife ich: Nicht er war das Problem. Sondern die Welt, in der er lebt. Diese Welt hat einen Namen: Nadezhda – das
Roma-Viertel in Sliven. „Hoffnung“ heißt das Wort. Aber was ist das für eine Hoffnung, wenn du nie erfährst, dass du wertvoll bist?
Würde kennt keine Herkunft.
Jeder Mensch hat das Recht auf ein Leben in Sicherheit und Respekt.
Seit über einem Jahr organisieren wir von LOGOS jeden Samstag ein Programm für Kinder aus Nadezhda. Sie kommen gern. Spielen, singen, hören Geschichten aus der Bibel. Viele lernen
mit zehn Jahren zum ersten Mal das Alphabet. Oder wie man eine Schere hält. Aber vor allem: Sie erleben Aufmerksamkeit. Wärme. Und eine kostenlose Mahlzeit. Inzwischen betreuen
sechs unserer Kindertagesstätten über 180 Kinder. Und mit der Zeit passiert etwas: Sie werden ruhiger. Sie fangen an zu vertrauen. Sie lernen: Ich bin kein hoffnungsloser
Fall.
Damit diese Arbeit weitergehen kann, brauchen wir Unterstützung für: Eine Tagesstätte, die dringend umziehen muss – sonst verlieren die Kinder ihren geschützten Raum. Zwei
Sommerlager für 109 Kinder, die noch finanziert werden müssen. Sieben Bibelschulen mit 50 Teilnehmenden – wir benötigen Material, Fahrtkosten und Lehrkräfte. Ein Waisenhaus, das
dringend neue Bettbezüge braucht – für Geborgenheit Bitte helfen Sie, diese Hoffnung lebendig zu halten Vielleicht können wir nicht die ganze Welt retten. Aber wir können sie
verändern – für ein Kind. Für einen Jungen mit einer Dose in der Hand. Für Kinder, die sonst keine Stimme haben.
Unterstützen Sie unsere Arbeit in Bulgarien mit Ihrer Spende!
Ihre Unterstützung schafft Gerechtigkeit und verändert Leben.